Am 15.11. kamen vier Topathletinnen in die Kletterhalle, um sich auf die bevorstehende Europäische Meisterschaft vorzubereiten. In Begleitetung von Bundestrainer Urs Stöcker trafen Alma Bestvater, Afra König und Lucia Dörffel 11 Uhr an der Halle ein. Mit dabei war Staša Gejo aus Serbien, die schon seit einiger Zeit mit dem deutschen Team trainiert.  Gemeinsam spielten sie eine Generalprobe des richtigen Wettkampfes durch.

Die Teilnahme an diesem Wettkampf ist für die vier von großer Bedeutung, denn es besteht nicht nur die Möglichkeit auf dem Siegertreppchen stehen zu dürfen, sondern auch ein Ticket zu gewinnen. Ein Ticket für die Olympischen Spiele in Tokyo 2021. Allerdings kann sich nur noch eine Athletin einen Platz für Tokyo sichern, was den Wettkampf für Zuschauer und Athleten zu einem extrem spannenden Event macht.  Abgesehen von der starken Konkurrenz heißt es also Serbien oder Deutschland. Wie Staša zu diesem Thema steht, könnt ihr nächste Woche in einem weiteren Interview lesen.

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Die Europäische Meisterschaft besteht aus drei Disziplinen: Speed, Bouldern und Lead. In enstsprechender Reihenfolge verlief das Training. Mit den Durchläufen waren die drei Mädels aus dem deutschen Team nicht ganz zufrieden. Es wurden keine Topzeiten erreicht, aber sie gaben nicht auf. "Die Generalprobe musss schieflaufen.", merkte Alma an und ermutigte ihre Teamkolleginnen mit einem lächeln.

Weiter ging es mit dem Bouldern. Vier verschiedene Probleme erwarteten sie. Alle vier waren sehr schwer geschraubt und brachten die Athletinnen an ihre Grenzen. Der erste Boulder musste sehr dynamisch gelöst werden. Ein kleiner Sprung, der nur mit einem Foothook abgefangen werden konnte, brachte sie alle wieder auf die Matte zurück. Auch der zweiten Boulder begann mit einem Dynamo. Dieser jedoch endete an einer Zange, die nur mit einer Hand festgehalten werden musste. Es folgte ein Aufstehzug und ein kleiner Sprung an den Top.

Der dritte Boulder war sehr kleingriffig und weit geschraubt. Die Mädels mussten an einem Daumen hängend auf einem Volumen aufstehen, um die nächste Leiste greifen zu können. Alle erreichten die Zone, aber getoppt wurde dieser Boulder nicht.

Der vierte und letzte Boulder begann in der Verschneidung. Hier mussten die vier mit der einen Hand eine winzige Leiste und mit der anderen Hand das Volumen halten, um sich daran schwungvoll hochzuziehen. Als sie auf dem Volumen standen folgte ein dynamischer Zug zum Top.

Jetzt fehlte lediglich die Disziplin Lead. Die Mädels suchten sich Routen im Bereich 8a, also 9+/10-, aus und versuchten innerhalb 6 Minuten so weit wie möglich zu kommen. Diese Disziplin lief sehr gut und sah regelrecht entspannt aus. Kaum zu glauben, dass sie nicht 6er geklettert sind...

Nachdem auch das geschafft war, stellte ich den dreien noch ein paar Fragen.

 

Interview mit Lucia Dörffel:

Was machst du außerhalb des Sportlebens?

Ich studiere Lebensmitteltechnologie. Das ist mitunter sehr stressig, weil ich am Tag abwechselnd studiere oder Training habe.

Wie oft trainierst du?

Innerhalb eines Tages trainiere ich ein oder zweimal. In der Woche trainiere ich meist drei Tage am Stück, mache einen "Restday" und trainiere dann je nachdem noch einen oder zwei Tage. Die letzten Wochen habe ich allerdings auch mal vier Tage am Stück trainiert.

Bist du gespannt auf den Wettkampf?

Ja, aber ich bin auch ein bisschen skeptisch. Ich weiß immer noch nicht, ob ich das gut finden soll, dass der Wettkampf stattfindet, aber an sich freue ich mich.

Was sind deine Ziele?

Ich möchte zufrieden sein und mein Bestes geben. Ansonsten wäre es schön beim Bouldern ins Finale zu kommen. Ich möchte mir eigentlich auch keine Ziele setzen, weil ich mir dann zu viel Druck mache und nicht zufrieden bin.

Schätzt du den Wettkampf als einen fairen Wettkampf ein?

Tja das ist die Frage. Es können viele gute Nationen mit starken Athleten nicht teilnehmen, bspw. Österreich, Frankreich und Italien. Das ist schwierig zu sagen, ob das dann noch fair ist.

Deine Lieblingsdisziplin?

Bouldern! Lead ist auch nah herangewachsen, aber Speed mag ich nicht so gern.

Wie schätzt du deine heutigen Leistungen ein, besonders beim Bouldern?

Nicht so gut, ich habe mich nicht so fit gefühlt. Die Boulder waren etwas seltsam. Sie waren nicht anstrengend, aber ich bin trotzdem schnell abgefallen.

 

Interview mit Afra Hönig:

Wie ist deine Form?

Das ist schwer zu sagen, weil sich die Saison so lange zieht und man keine richtigen Vergleichsmöglichkeiten hat.

Wie schätzt du deine Chancen für den Wettkampf ein?

Schwer zu sagen, ich denke, weil der Modus sehr variabel ist hat jeder eine gewisse Chance. Je nachdem, wie es bei ihm und den anderen läuft. Ich glaube das ist einfach eine "Wundertüte." Ich werde alles geben und dann schauen was dabei rauskommt.

Was erwartest du dir für den Wettkampf?

Ich hoffe, dass der Wettkampf entspannt und gut über die Bühne geht. Einfach ohne Verletzungen oder Infektionen für alle.

Der Wettkampf musste jetzt einige Male verschoben werden, wie war das für dich?

Das ist sehr herausfordernd, weil es alles so unplanbar macht. Wir trainieren auf einen gewissen Termin hin und planen das gesamte Training nach dem Wettkampf. Wenn alles unsicher ist, ist es schwierig seinen Körper und Kopf gut darauf vorzubereiten. Mir persönlich fällt es auch schwer die Motivation so lang aufrecht zu erhalten. Ich meine der Wettkampf wurde von März auf Juni, dann auf September oder Oktober und schließlich auf den November verschoben. Ich konnte nie eine Trainingspause machen, sondern musste immer weiter trainieren. Das ist sehr anstrengend.

Ich bin aber sehr dankbar für unsere Gruppe in München, weil wir uns gegenseitig motivieren können und auch bei Disziplinen, die wir nicht so mögen, Spaß haben.

Wie läuft euer Training im Lockdown ab?

Wir haben das Glück, als Spitzensportler trotzdem in den Hallen trainieren zu dürfen und die Kletterhallen kooperieren auch sehr gut mit uns und geben uns unsere Trainingsmöglichkeiten. Während des ersten Lockdowns durfte niemand in die Hallen, sodass wir zu Hause trainieren mussten. Wir haben dann über Zoom unsere Körperkraft aufrechterhalten, aber nach der Pause hat man trotzdem einen Unterschied gemerkt.

Siehst du den Wettkampf als fair an?

Über den Sommer konnte eigentlich jeder trainieren. Viele merken trotzdem an, dass der Wettkampf nicht fair ist, weil so viele Nationen nicht teilnehmen dürfen oder wollen. Ich denke, dass der Wettkampf einigermaßen fair sein kann, für die Situation die wir haben.

Was ist deine Lieblingsdisziplin?

Bouldern. Wir kommen eigentlich alle aus dem Bouldern.

Was hältst du vom Speedklettern?

Ich denke das ist die fairste Disziplin., denn du weißt was dich erwartet. Du weißt wie die Wand ist. Es ist einfach für alle gleich. Es ist nicht sonderlich kreativ und es hat nicht das, was Klettern so besonders macht, aber es hängt dann auch nicht davon ab, ob dir die Boulder taugen oder nicht.

 

Interview mit Alma Bestvater:

Wie ist dein Fitnesszustand?

Eigentlich gut, allerdings hatte ich eine Ellbogenverletzung. Ich hätte lieber noch zwei Monate Zeit. Aber wahrscheinlich ist man nie ganz "ready" für einen Wettkampf solcher Art.

Macht die Verletzungen noch Probleme?

Nicht direkt. Bewegungen, die ich lange nicht machen konnte fühlen sich komisch an und mir fehlt vor allem das Vertrauen, dass ich das kann und dass der Ellenbogen mitmacht.

Was nimmst du dir für den Wettkampf vor?

Alles geben was geht und schauen was dabei rauskommt.

Wie schätzt du deine Chancen ein?

Es ist super schwer das einzuschätzen, weil ich jetzt an wenig Wettkämpfen teilnehmen konnte und auch nicht sagen kann, wie meine Form nach der Verletzung ist.

Wie siehst du den Wettkampf in der jetzigen Situation?

Mich stört, dass es kein fairer Wettkampf ist, weil alle unterschiedliche Einschränkungen haben. Manche Nationen können momentan nicht trainieren und andere dürfen nicht teilnehmen. Andererseits ist es leider nicht möglich den Wettkampf fair zu gestalten, deshalb bin ich etwas zwiegespalten.

Bist du zufrieden mit deiner heutigen Leistung?

Im Speed hätte ich schneller sein können. Ich hoffe, dass bei der Europäische Meisterschaft eine Acht vorn steht. Beim Bouldern kann ich es nicht genau einschätzen, weil ich die Boulder seltsam fand. Aber ich denke Bouldern und Lead waren ok.

Deine Lieblingsdisziplin ist also auch das Bouldern?

Ja, ich bouldere seit sechs Jahren. Vorher bin ich in der Jugend kurzzeitig geklettert, habe das aber schnell wieder fallen lassen. Eigentlich habe ich nur für Olympia angefangen Speed und Lead zu trainieren. Beim Bouldern mag ich sehr, dass man die Maximalkraft braucht. Ich finde es außerdem abwechslungsreicher als das Klettern. Auch beim Wettkampf finde ich es besser, weil man mehrere Versuche hat.